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Kräutertees - frisch oder getrocknet? 28.6.2007

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Kräutertees - frisch oder getrocknet? 28.6.2007

Am Do 28.06.2007

Trockenverluste

Trocknen tötet die Pflanze ab. Gleichzeitig wird sie aber so gewissermaßen mumifiziert, also haltbar gemacht: der rasche Wasserentzug nimmt Bakterien und Pilzen eine für sie attraktive Lebensgrundlage. Außerdem werden dadurch pflanzeneigene Fermente daran gehindert, in der welkenden Pflanze unerwünschte chemische Prozesse in Gang zu setzen. Mit dem Wasser werden aber die Pflanzen ihres natürlichen inneren Milieus beraubt, nun hat Luftsauerstoff leichten Zutritt, zumal das getrocknete Kraut leicht bricht und so immer größere Angriffsflächen bietet. Dies führt zu vermehrter Oxidation empfindlicher Inhaltsstoffe.
Es kommt also beim Trocknungsvorgang in jedem Falle zu chemischen Veränderungen, die letztlich dazu führen, dass eine getrocknete Pflanze hinsichtlich ihrer Wirkstoffe nur noch bedingt Ähnlichkeit mit der frischen Pflanze hat. Vor allem ätherische Öle in Blüten (z.B. Linde, Holler) gehen schnell verloren - ähnlich wie bei Gewürzen: getrocknetes Basilikum ist in seinem Aroma nur noch ein Schatten seiner selbst!

Erwünschte Veränderungen

Manchmal allerdings sind solche Oxidationsprozesse sogar erwünscht, da so die in bestimmten frischen Pflanzen enthaltenen Giftstoffe unschädlich gemacht werden (z.B. in Leberblümchen) und damit die auch vorhandenen günstigen Wirkstoffe erst nutzbar werden. Oder bestimmte für uns angenehme Aromen (etwa des Waldmeisters) beim Trockenvorgang überhaupt erst entstehen!

Nur begrenzt haltbar!

In jedem Falle aber gilt: nach knapp einem Jahr haben die allermeisten Tees so viel an Wirksamkeit verloren, dass sie wertlos geworden sind. Also immer nur für eine Saison sammeln! Längere Haltbarkeit haben beispielsweise alkoholische Auszüge (Tinkturen, Schnäpse etc.).
[img=1][/img] Lavendel (Lavendula angustifolia Mill.)
Blütenstände des Lavendel kurz vor/bei der Entfaltung der Blüten sammeln und sofort als Tee zubereiten - er wirkt beruhigend auf Nerven und Darm (keimtötend) - oder trocknen!
[img=2][/img] Leberblümchens (Anemone hepatica L.)
Der in Blüten und Blättern des Leberblümchens enthaltene Reiz- und Giftstoff Anemonol wird beim Trocknen in ungiftiges, gegen Tuberkelbazillen wirksames Anemonin umgewandelt.
[img=3][/img] Engelwurz (Angelica archangelica L.)
Die Engelwurz regt Magen- und Gallesekretion an und löst Krämpfe. Falls man die Wurzeln nicht frisch verwendet, erfordert ihr Trocknen Wissen und Sorgfalt. Tees aus frischen oder getrockneten Pflanzen - das ist hier wirklich die Frage! Warum? Ganz allgemein gebe ich Tees aus frischen Pflanzen den Vorzug. Dennoch ist der Wunsch verständlich, auch dann in den Genuss der positiven Wirkungen etwa von Heilpflanzen kommen zu wollen, wenn diese gerade nicht in der freien Natur wachsen, im Winter zum Beispiel.

Zur rechten Zeit sammeln -rasch und schonend trocknen!

Damit auch in der getrockneten Pflanze der Anteil an erwünschten Inhaltsstoffen genügend hoch ist, muss deren Konzentration schon in der frischen Pflanze so hoch wie möglich sein - also zum richtigen Zeitpunkt sammeln: Blüten in den ersten Tagen nach dem Aufblühen (keinesfalls pilzbefallen, zerfressen oder welk!), ihr Gehalt an ätherischen Ölen ist zwischen 11 und 14 Uhr (bei Sonnenschein!) am höchsten; nie morgens (bei Tau) oder abends, wenn die leichtflüchtigen Bestandteile bereits weitgehend verpufft sind und sich über Nacht erst wieder regenerieren müssen! Blüten keinesfalls waschen, sondern nur saubere sammeln - am geschicktesten wenige Tage nach einem Regen!
Dann: so schnell wie möglich und vollständig trocknen - bei max. 35 (Blüten) bis 60 Grad Celsius (Kraut) an einem luftigen, schattigen Ort unter häufigem Wenden. Schließlich sofort in luftdicht verschließbare Gläser geben, dunkel und kühl lagern! Für das Sammeln und Trocknen von Wurzeln gelten wieder ganz andere Regeln, so dass also die eigene Teeherstellung sehr wohl einiges an Wissen und Erfahrung erfordert.
Das gilt übrigens auch für die Zubereitung von Tees, ganz zu schweigen von der Wirkung einzelner Tees oder gar von Teemischungen auf unseren Körper, noch dazu wo diese Wirkungen individuell ganz unterschiedlich sein können. Generell: frische Kräuter nur etwa eine Minute ziehen lassen, getrocknete bis zu 3 Minuten. Manche Tees (Mistel) sogar nur kalt über mehrere Stunden ausziehen und zum Trinken etwas anwärmen.
Dr. Günter Nöll, 28.6.2007
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Offenlegung:

  • Dr Günter Nöll, Neulengbach

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Dr Günter Nöll, Neulengbach